Formschluss und Kraftschluss in der Ladungssicherung
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Aktualisiert am: 07.08.2024
Fachtexte von
Ladungssicherungs-Profis
Formschlüssige Ladungssicherung
Beim Straßentransport von Frachtgütern etwa im Lkw können physikalische Bewegungskräfte ein Verrutschen der Ladung auslösen. Bei einer Kurvenfahrt oder plötzlicher Ausweichbewegung kann sich die Ladung bei mangelhafter Ladungssicherung seitlich verschieben, verrutschen oder umfallen und gefährliche Situationen auslösen. Ladungssicherung ist in Deutschland per Gesetz geboten (§ 22 StVO, "Ladung") und die Techniken und anerkannten Regeln der Sicherung sind Bestandteil von Richtlinien (VDI 2700 ff), Verordnungen (DGUV) sowie Informationsschriften der Berufsgenossenschaften und Europäischen Normen (DIN EN). Im Fall nicht ordnungsgemäßer Ladungssicherung sind der Fahrer, das Verladepersonal und der Versender haftbar. Die Gesetze und Richtlinien gelten für den Transport von Lasten sowohl im Lkw als auch im privaten Pkw oder Anhänger. Bei der Ladungssicherung werden folgende Arten voneinander unterschieden: die Ladungssicherung durch Formschluss, die Ladungssicherung durch Kraftschluss und die kombinierte Ladungssicherung.
Was ist Formschluss?
Die Ladungssicherung durch Formschluss wird durch lückenloses Verladen der Last oder die Zurrtechnik des Direktzurrens realisiert.
Was ist Kraftschluss?
Die Ladungssicherung durch Kraftschluss wird durch Niederzurren der Ladung auf der Ladefläche des Fahrzeugs gewährleistet. Dabei wird die Ladung auf die Ladefläche gepresst, wodurch sich die Reibung erhöht.
Betriebssichere Verladung durch Formschluss
Tipp: Nicht jedes Fahrzeug eignet sich für eine Ladungssicherung durch Formschluss. Abhängig ist dies von der Aufbaufestigkeit Ihres Nutzfahrzeugs oder Anhängers gemäß DIN EN 12642.
Bündiges Verladen
Eine formschlüssige Ladungssicherung gegen das Verrutschen kann durch bündiges und lückenloses Verladen der Fracht in Verbindung mit der Stirnwand und den Seitenwänden des Fahrzeugs erfolgen. Als Hilfsmittel werden bei dieser Technik der Ladungssicherung Zurrgurte und Spanngurte verwendet. Stausäcke kommen dabei zum Einsatz, um die Ladung vor Bewegungen zu schützen.
Die Sicherungsmethoden des Direktzurrens
Direktzurren ist eine Zurrtechnik der formschlüssigen Sicherung. Dabei wird die Fracht mithilfe von Zurrmitteln in ihrer Position auf der Ladefläche gehalten. Ladebalken oder Stirnwand werden durch Spanngurte ersetzt und wirken somit als Laderaumbegrenzung. Es gibt drei Varianten für die formschlüssige Ladungssicherung mittels Direktzurren:
Die Sicherung der Fracht durch Kraftschluss
Bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung wird die Fracht mithilfe von Ladungssicherungsmitteln wie Zurrgurten, Ketten oder Netzen und vorhandenen oder nachträglich eingebauten Anschlagpunkten auf der Ladefläche kraftschlüssig fixiert. Der Gurt wird über die Ladung geführt, an beiden Seiten der Ladung in Zurrpunkte auf der Ladefläche eingehängt und gespannt. Die entstehende Druckkraft wird als Vorspannkraft (STF) bezeichnet. Unterschiedliche Spannelemente (Druckratsche, Langhebelratsche, ERGO-Ratsche) können bei der Transportsicherung durch Kraftschluss unterschiedliche Vorspannkräfte realisieren. Die benötigte Vorspannung richtet sich nach dem Gewicht der Ladung, den zu erwartenden Beschleunigungskräften sowie dem Gleitreibbeiwert.
Die Berechnung der benötigten Vorspannung
Die Formeln zur Kalkulation der Vorspannung (Standard Tension Force / STF) finden sich in der VDI Richtlinie 2700 ff. Diese sind jedoch kompliziert, besser geeignet sind Ladungssicherungsrechner oder Berechnungstabellen. Diese finden Sie auf unseren Ratgeberseiten oder bei den Herstellern von Ladungssicherungsmitteln.
Beschaffenheit von Zurrmitteln bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung
Alle verwendeten Zurr- und Spanngurte müssen bei der Ladungssicherung durch Kraftschluss hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und Kennzeichnung der Europäischen Norm DIN-EN 12195 entsprechen. Auf den Etiketten müssen folgende Informationen enthalten sein:
- Name und Symbol des Herstellers
- Prüfnummer und GS-Zeichen
- Normen, nach dem der Zurrgurt hergestellt wurde
- Nutzlänge des Zurrmittels
- Werkstoff
- Dehnung bei zulässiger Zurrkraft in %
- Rückverfolgung
- VDI-Konformität
Zudem finden sich darauf Angaben zu folgenden zulässigen Kräften:
- Normale Handkraft SHF (Standard Hand Force) in daN
- Vorspannkraft STF (Standard Tension Force) in daN
- zulässige Zurrkraft (LC-Wert = Lashing Capacity) mit Symbol (im geraden Zug)
Die zulässigen Kräfte sind mit Symbolen und Kraftangaben in daN (1 daN = 10 N = 1 kp = 1kg) gekennzeichnet.
Die vereinfachte Berechnung der benötigten Zurrkräfte beim Kraftschluss
Bei einer Talfahrt oder Vollbremsung drückt etwa das 0,8-Fache Ladungsgewicht Richtung Fahrerhaus, bei Kurvenfahrten und beim Anfahren etwa die Hälfte des Gewichts des Transportguts in Richtung der Bordwände. Somit ließe sich folgende vereinfachte Rechnung aufmachen:
- Frachtgewicht: 10.000 Kg
- Kraft in Richtung Fahrerhaus: 8.000 Kg = 8.000 daN
- Kraft in Richtung Bordwände: 5.000 Kg = 5.000 daN
- Benötigte STF: 8.000 daN
Genaue Kalkulation der benötigten Vorspannkraft bei der kraftschlüssigen Sicherung nach DIN EN 12195
Detaillierte Vorausberechnungen der Vorspannkraft bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung verbinden mehr Faktoren als in der vereinfachten Berechnung dargestellt. So müssen etwa die Reibungskraft sowie der Übertragungsbeiwert in der Berechnung berücksichtigt werden. Folgende Werte werden benötigt:
- cx,y = Beschleunigung, festgelegter Wert: 0,8 FG nach vorne und 0,5 FG zur Seite und nach hinten
- µ = Gleit-Reib-Beiwert: vgl. Tabelle VDI-Richtlinie 2700 Blatt 2: 07/2014
- k = Übertragungsbeiwert: Zurrkraftverteilung beim Niederzurren auf beiden Strängen eines Gurtes. Eine Ratsche an beiden Strängen des Gurtes 1,5, bei Ratschen an beiden Strängen 2.
- FG = Gewicht der Ladung in kg
Es ergibt sich folgende Formel: FV = ((cx,y - µ) : µ) x FG:k Diese Formel ist nur zu verwenden, wenn sich ein Zurrwinkel von 90° bis 83° verwirklichen lässt. Bei einem Zurrwinkel von weniger als 83° muss der Sinuswert des Winkels in die Berechnung einfließen. Die Formel lautet in diesem Fall: FV = ((cx,y - µ) : (µ x sin α)) x FG:k Teilen Sie nun das Ergebnis durch die auf dem Etikett der Gurte angegebene Vorspannung und Sie erhalten die benötigte Anzahl der Gurte. Tipp: Wenn Sie bei der Beladung und Ladungssicherung im Fahrzeug, sowohl bei der formschlüssigen als auch kraftschlüssigen Verbindung reibungserhöhende Unterlagen wie Antirutschmatten verwenden, benötigen Sie weniger Zurrmittel, da sich die Reibungskraft beziehungsweise Haftreibung erhöht.